
Nervenregeneration – Kann man Nervenschäden heilen?
Nerven- oder Neuroregeneration bezeichnet die natürliche Wiederherstellung von durch Verletzungen, Überlastungen, Tumore oder Entzündungen verloren gegangenen Nervenzellfunktionen.
Regeneration peripherer Nerven
Verletzte Nervenfasern des peripheren Nervensystems haben grundsätzlich die Fähigkeit zur Regeneration: Mit einer Geschwindigkeit von 2 bis 3 mm/Tag bei kleineren Nerven und bis zu 5 mm/Tag bei größeren Nerven wachsen die Fasern wieder nach. Vom Axonstumpf aus wird der Nerv wieder aufgebaut. Diesen Prozess unterstützen verschiedene im Körper vorhandene chemisch wirksame Substanzen. Lokale Faktoren wie Durchblutungsverhältnisse, Gewebesauerstoffgehalt, Glukose, Elektrolyte, Zytokine und Vitamine beeinflussen ihn zusätzlich.
Am Ende des Reparaturprozesses können die Nervenfasern ihre alten Funktionen ganz oder teilweise wieder aufnehmen. Nicht selten kommt es dabei aber auch zu Fehlleitungen zu falschen Endorganen. Bei schweren Schäden des peripheren Nervensystems und auch bei Nervenverletzungen im Bereich des Gehirns und des Rückenmarks ist eine Regeneration von Nervenzellen unwahrscheinlich bis ausgeschlossen. Welche Wege verfolgt die Nervenschmerztherapie, um den Körper bei der Wiederherstellung von Nervengewebe zu unterstützen? Neben physio- und ernährungstherapeutischen Behandlungskonzepten sowie Medikamenten können folgende Maßnahmen eingesetzt werden.
Elektrische Stimulationen
Elektrische Stimulation kann helfen die Schmerzen zu lindern und die Nervenfunktion wiederherzustellen, da elektrische Felder Aktivität, Wachstum und Funktion von Nervenzellen (Neuronen) positiv beeinflussen können. Unterschieden wird zwischen Gleichstrom- und Wechselstromverfahren im Nieder- oder auch Hochfrequenzbereich.
Gleichstromtherapie
Gleichstrom ist ein Strom konstanter Spannung und gleichbleibender Fließrichtung, bei dem es zu keiner Depolarisation von Nerv oder Muskel kommt. Geschwindigkeit und Ausmaß der Regeneration werden durch eine Gleichstromtherapie positiv beeinflusst. Diese sogenannten galvanischen Ströme werden bei hydroelektrischen Voll- oder Teilbäder, z.B. „Stangerbad“ oder Vierzellenbad, eingesetzt. Sie dienen der Schmerztherapie, Durchblutungsförderung und der Iontophorese, bei der Arzneistoffe via Gleichstrom in den Körper gelangen. Mithilfe des konstanten galvanischen Stroms können Medikamente durch die unverletzte Haut in tiefere Bereiche des Gewebes eingebracht werden. Wechselstrom ändert mehrmals pro Sekunde das Vorzeichen seiner Spannung und damit seine Fließrichtung. Dies ist hilfreich bei Verfahren der neuromuskulären Reizung. Niederfrequenter Strom fördert die Reparatur von Nervenzellen.
Erst wenn alle unterstützenden Maßnahmen keinen Erfolg zeigen oder wenn eine akute Durchtrennung eines Nervs vorliegt, kann ein operatives Verfahren eingesetzt werden.
Medikamentöse Möglichkeiten werden im Abschnitt Medikamente bei Nervenschmerzen umfassend dargestellt.
Quellen:
- Baron R. Diagnostik und Therapie neuropathischer Schmerzen. Deutsches Ärzteblatt 2006
- Baron Ralf, Strumpf, Michael: Praktische Schmerztherapie. Springer Medizin Verlag. ISBN 3-540-23091-2
- Diener H.Ch., Maier Ch. Das Schmerz-Therapie-Buch. Urban & Schwarzenberg. ISBN 3-541-16041-1
- Junker Uwe, Nolte Thomas. Grundlagen der Schmerztherapie. Medizin & Wissen. Urban & Vogel Verlag. ISBN 3-89935-218-1
- Kugler Michael: Theorie und Praxis der Schmerztherapie. Diomed Verlag. ISBN 3-9808331-7-8